Deutschland droht Verurteilung
Wegen des unzureichenden Schutzes bestimmter Grünlandtypen droht Deutschland eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof. Jedenfalls hat sich dafür ein Generalanwalt in seinem Gutachten für die EuGH-Richter ausgesprochen. Die EU-Kommission hatte Deutschland im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens verklagt.
Wegen des unzureichenden Schutzes bestimmter Gründlandtypen droht Deutschland eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dies wäre zumindest dann der Fall, wenn es nach dem Generalanwalt des Luxemburger Gerichts, Nicholas Emiliou, geht. In seinem am Donnerstag (5.9.) vorgelegten Gutachten war der Zypriot darin in wesentlichen Punkten einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik gefolgt. Allerdings sind die Richter am EuGH nicht an die Empfehlung ihrer Generalanwälte gebunden.
Im konkreten Fall hatte die Europäische Kommission Deutschland vorgeworfen, dem Schutz bestimmter blütenreicher Wiesen, darunter insbesondere Flachland- und Berg-Mähwiesen, nicht hinreichend nachzukommen. Beide Lebensraumtypen würden sich in der Bundesrepublik in einem "ungünstigen" Erhaltungszustand befinden, bemängelten die Kommissionsbeamten bereits in dem 2019 eröffneten EU-Vertragsverletzungsverfahren. Die FFH-Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten im Rahmen des Natura-2000-Netzes zum Schutz und zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes von Lebensräumen zum Schutz der Biodiversität, hieß es auch in der 2021 eingereichten Anklage - dem vorerst letzten Schritt eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens.
"Nicht nachhaltige Agrarpraktiken"
Deutschland wurde zudem vorgeworfen, seiner Verpflichtung nicht nachzukommen, einer Verschlechterung dieser Lebensraumtypen entgegenzuwirken. Vielmehr seien diese Lebensraumtypen in den vergangenen Jahren an verschiedensten Standorten erheblich kleiner geworden oder sogar völlig verschwunden, vor allem aufgrund von "nicht nachhaltigen Agrarpraktiken", so die Kommission in der Anklageschrift.
Den genannten Anklagepunkten folgt Generalanwalt Emiliou nun vollumfänglich. Nicht einverstanden ist der Zypriot allerdings mit dem Vorwurf, die Bundesrepublik habe es versäumt, die Daten zu Gebieten mit diesen Lebensraumtypen regelmäßig zu aktualisieren. Dies hatte die Kommission mit der FFH-Richtlinie begründet. Dieses Argument ist laut dem Gutachten juristisch nicht stichhaltig.
Es drohen Geldstrafen
Für den Naturschutzbund Deutschland (NABU) wäre eine Verurteilung für Deutschland ein "Armutszeugnis". "Seit mehr als 30 Jahren vernetzt Natura 2000-Schutzgebiete in ganz Europa und garantiert so den Austausch unserer vielfältigen Arten. Doch hierzulande weist das Netz etliche Löcher auf", kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Im zufolge sind die Mängel bekannt; auch die notwendigen Maßnahmen seien klar. Seiner Auffassung nach braucht es jetzt den nötigen Mut und Willen, die wertvollen Lebensräume zu schützen. Zugleich weist der NABU-Präsident auf die drohenden Strafen hin, die gezahlt werden müssten, sollte Deutschland seine Versäumnisse nach einer Verurteilung nicht zügig nachholen.
Sollte Deutschland nach einer möglichen Verurteilung die Kritikpunkte nicht zeitnah abstellen, kann Deutschland zu von der Kommission festgelegten täglichen Geldstrafen verurteilt werden. Diese müssten dann vom EuGH in einem weiteren Urteil noch bestätigt werden. AgE